Geschlecht jenseits der binären Norm in der Kinder- und Jugendliteratur
Schwerpunkt 4
Leitung: Ariane Schwab
Mitarbeiterin: Petra Bleisch
Finanzierung: HEP|PH FR
Zeitraum: 2020-2026
Projektbeschrieb
In den letzten Jahren hat die Sensibilisierung für Menschen, die sich jenseits der binären Geschlechternorm verorten, zugenommen und das Thema wird vermehrt auch in der Kinder- und Jugendliteratur sichtbar (Nieberle, 2016). Dieses Entwicklungsprojekt erarbeitet Vorschläge, wie ausgehend von literarischen Texten mit Schüler·innen über Geschlecht nachgedacht werden kann, um ihnen sinnstiftende Figuren und Narrative jenseits der binären Norm zur Verfügung zu stellen (Kennedy, 2018). Es wird davon ausgegangen, dass dies für alle Schüler·innen von Bedeutung ist, um sich selbst sowie andere differenziert wahrnehmen und sprachlich adäquat handeln zu können. Dazu werden aktuell verfügbare Titel einer Analyse unterzogen, welche die Dimensionen des Bildes und der Sprache betrifft (Staiger, 2014). In einem ersten Schritt wird die Kinder- und Jugendliteratur der letzten zehn Jahre daraufhin geprüft, inwiefern Figuren jenseits der binären Norm vorkommen, um daraus einen Korpus zusammen zu stellen. Dazu werden die literarischen Figuren nach dem pluridimensionalen Geschlechtermodell gemäss Balthes-Löhr (2018) untersucht. Die Bücher werden in einem zweiten Schritt hinsichtlich ihres Potenzials für Anschlusskommunikation (Abraham & Kepser, 2009) ausgewählt, wobei die darin enthaltenden philosophischen Fragen von Bedeutung sind.
Aus dieser mehrdimensionalen Analyse ergibt sich ein Kriterienkatalog als Vorschlag für die Auswahl von geeigneten Texten für den Unterricht. Um der Komplexität des Themas im Unterricht gerecht zu werden, wird das Verfahren des literarisch-philosophischen Gesprächs entwickelt, welches die Methode des Philosophierens mit Kindern aus der Ethikdidaktik mit dem literarischen Gespräch aus der Literaturdidaktik zusammenführt.
Die Ergebnisse des Entwicklungsprojektes sollen in einer Bücherkiste mit didaktischen Hinweisen für die Lehrpersonen aller drei Zyklen der Volksschule Eingang finden und mit Weiterbildungen eingeführt werden. Das Projekt leistet durch ethik- und literaturdidaktische Zugänge einen interdisziplinären Beitrag zu einem ästhetisch gendersensiblen Unterricht.
Literatur
Baltes-Löhr, Ch. (2018). Immer wieder Geschlecht – immer wieder anders. Versuch einer Begriffsbestimmung. In E. Schneider & Ch. Baltes-Löhr (Hrsg.), Normierte Kinder. Effekte der Geschlechternormativität auf Kindheit und Adoleszenz (S. 17-40). transcript.
Kennedy, N. (2018). Gefangene der Lexika: Kulturelle Cis-Geschlechtlichkeit und Trans’-Kinder. In E. Schneider & Ch. Baltes-Löhr (Hrsg.), Normierte Kinder. Effekte der Geschlechternormativität auf Kindheit und Adoleszenz (S. 321-338). transcript.
Nieberle, S. (2016). Gender Trouble als wissenschaftliche und literarische Herausforderung. In P. Josting, C. Roeder & U. Dettmar (Hrsg.), Immer Trouble mit Gender? Genderperspektiven in Kinder- und Jugendliteratur und -medien(forschung) (S. 19-28). München: kopaed. [kjl&m 16. extra].
Staiger, M. (2014). Erzählen mit Bild-Schrifttext-Kombinationen. Ein fünfdimensionales Modell der Bilderbuchanalyse. In J. Knopf & U. Abraham (Hrsg.), BilderBücher. Band 1 Theorie. (S. 12–23). Schneider Verlag Hohengehren.